Gallen

Gallen
I
Gạllen,
 
griechisch Gạlloi, lateinisch Gạlli, die Priester der Kybele.
 
II
Gallen
 
[von lateinisch galla »kugelartiger Auswuchs«, »Gallapfel«], Pflanzengallen, Zezidi|en, Cecidi|en, die normale Gestalt eines Organs verändernde Gewebewucherungen als Wachstumsreaktionen auf einwirkende Fremdorganismen, die artspezifisch wuchsstoffartige Stoffe ausscheiden. Phytozezidien werden durch Bakterien (Bakteriozezidien, z. B. Wurzelknöllchen durch Rhizobium) oder Pilze (Mykozezidien, z. B. Kohlhernie durch Plasmodiophora brassicae), Zoozezidien durch Tiere ausgelöst, so Entomozezidien durch Gallwespen, Gallmücken (z. B. die Buchengallmücke), Fliegen, Blattläuse, Akarozezidien durch Milben und Helminthozezidien durch Fadenwürmer und Rotatorien. Insekten und Milben legen unter Einstechen mit dem Legestachel von wuchsstoffhaltigem Schleim umhüllte Eier in den Pflanzenorganen ab, die diese umwuchern und den schlüpfenden Larven Schutz und Nahrung bieten. Der genaue Mechanismus der Gallenentstehung ist bislang nicht bekannt, jedoch wurden z. B. im Speichel von Gallmücken sowie in den erzeugten Gallen Auxine und Aminosäuren gefunden, die im Experiment Gallen erzeugen. - Handelt es sich um zwar stark veränderte, aber noch erkennbare Grundorgane der Pflanze, spricht man von organoiden Gallen (z. B. Hexenbesen), liegen Gewebswucherungen ohne organischer Gliederung vor, von histioiden Gallen. Es kann sich dabei um Anomalien der Haarbildung (Filzgallen vieler Milben) handeln, ferner bei verändertem Flächen- oder Dickenwachstum um Falten-, Beutel-, Spindel-, Kugelgallen; Form, Größe und Entstehungsort sind (artspezifisch) sehr unterschiedlich; man unterscheidet Wurzel-, Blatt-, Blüten-, Sprossspitzengallen. Besonders charakteristische Gallen finden sich u. a. an Eichen (»Eichengallen«) und am Ahorn. Die durch die Eichengallwespe verursachten großen kugelförmigen Gallen auf Eichenblättern sind als Galläpfel bekannt, die Blattlausgallen an Fichtentrieben als Ananasgallen, die wie mit Moos bedeckt erscheinenden rundlichen Gallen an Wildrosen als Schlafäpfel.
 
Wegen ihres Gehaltes an Gerbstoffen (Tannin) finden manche Gallen in Medizin und Technik Verwendung. Gallen wurden schon im Altertum bei den Babyloniern und Assyrern zu Heil- und Gerbzwecken benutzt.
 
 
H. Buhr: Bestimmungstabellen der G. (Zoo- u. Phytocecidien) an Pflanzen Mittel- u. Nordeuropas, 2 Bde. (Jena 1964-65);
 R. Beiderbeck u. I. Koevoet: Pflanzen-G. am Wegesrand (1979).
 

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gạl|len <sw. V.; hat [spätmhd. gellen; mhd. gellen = ausweiden; zu 1Galle]: a) bei der Zubereitung von Speisefischen die Galle entfernen; b) (Jägerspr.) Wasser lassen (vom Wild).

Universal-Lexikon. 2012.

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